Kleiner Ausflug nach Georgien und auf dem Rückweg durch das Gebiet des Erdbebens, welches 1988 den Norden Armeniens heimsuchte und, so die aktuelle Erfahrung, auch bis in georgisches Territorium hinein deutliche Spuren hinterliess.
Die Fahrt von Tbilisi bis an die Grenze, keine hundert Kilometer, dauerte dreieinhalb Stunden, wobei die letzten 20 Km dreiviertel dieser Zeit in Anspruch nahmen. Plötzlich schien sich die Strasse in einen Feld-, manchmal eher Waldweg aufzulösen. Dann wieder asphaltierte Strecken, an den Rändern aufgeworfen wie eine Rennbahn. Allerdings war an zentrifugale Kräfte entwickelnde Geschwindigkeiten nicht zu denken, dafür waren Slalomkünste und kräftige Stossdämpfer gefragt. Immer wieder das Gefühl, dass die Piste hinein führt in eine Art Niemandsland. Am Rande nur vereinzelt Hoffnung machende Kilometermarkierungen, die Entfernung von Tbilisi und bis zur angnommenen Grenze anzeigend. So die Vermutung. Andere Anzeichen gab es nicht, zumal die wenigen passierten Häuser und Ansiedlungen bis auf wenige Ausnahmen verlassen wirkten, selbst wenn sie nicht zerstört waren. Dann plötzlich zwei entgegen kommende Autos mit armenischen Kennzeichen.
Jaaa, es gibt ihn also doch, diesen Übergang ... !!! Auch wenn er bei der Annäherung eher provisorisch wirkt. Auf den Karten ganz normal eingezeichnet und auf offiziellen Auskunftsseiten als "international" angezeigt: der Gernzübergang Guguti auf der Landstrasse zwischen Bolnisi (Georgien) und Tashir (Armenien). Ein Schild, dessen Alter nicht zu identifizieren ist, sicher aber kaum auf gegenwärtigen internationalen Grenzverkehr hinweist. Die Staatswappen jedenfalls sind entfernt. Dann der шлагбаум (aus dem Deutschen 1:1 übernommen), der sich aber als ein Strick entpuppt. Dieser wird aus einem kleinen Häuschen von einem müde wirkenden armenischen Grenzsoldaten bewegt, wenn im Halb- oder Stundentakt ein Fahrzeug den Übertritt wagen will. Zuvor werden aber sorgfältig wie überall die Papiere geprüft, ein kritischer Blick auf das armenische Auto und Fahrzeugschein und unsere deutschen Nasen geworfen. Dann die langsame Handbewegung, der Strick sinkt in den Schlamm, die Fahrt ist frei. Hinter uns erhebt sich die Sperre wieder und sichert die ordnungsgemässe Einhaltung der Grenze.
Auf armenischer Seite scheint plötzlich alles anders: Baumaterialien, Maschinen, Hinweisschilder auf massive Baumassnahmen, von EU, UN und anderen gefördert. Die alte Strasse wird, 26 jahre nach dem Erdbeben, wieder hergestellt ... um ins georgische Niemandsland hinein zu führen. Dort ist von einem Wiederaufbau weit und breit keine Spur.
Ein paar Kilometer weiter grüssen zwei armenische Männer die fremden und streichen weiter das Grussschild aus Sowjetzeiten neu an. Blau ist die Hoffnung!
Kommentar schreiben