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"Abenteuer" Ukraine

 

 

 

 

 

Some times ago I was in Ukraine again. 


Und wieder Geschichten, Geschicke, Geschichte. 

Im Anschluss an einen Workshop zum Thema Community Development, zu dem Freiwillige aus dem ganzen Land eingeladen waren, hatte ich mich entschlossen, die teilnehmer in den unterschiedlichen Regionen zu besuchen. Ziel dieser Reise war es, mich mehr mit den konkreten Situationen und Herausforderungen vertraut zu machen und gleichzeitig die im Kaukasus begonnene Dokumentation weiter zu führen.

Dieser Workshop war im Rahmen des Projektes "Kriegsfolgen in der Ukraine gemeinsam überwinden" von der deutschen Organisation Deutsch-Russischer Austausch zusammen mit mit der ukrainischen NGO KrimSOS organisierten worden.


In vielen der Collective Houses am Eingang die Security, die immer misstrauig auf den Mann mit der Kamera und seine jeweiligen Begleiterinnen oder Begleiter schaut. Was gibt es zu verstecken, zu bewachen... ?

In einem dieser Häuser in Kiew ein Gespräch mit Michael, nach eigener Darstellung einer der Mitbegründer des radikal-nationalistischen (bzw. von vielen als faschistisch bezeichneten) Bataillons Asow. Die Flagge über seinem Bett zeigt neben der Wolfsangel, dem Symbol der SS-Division "Das Reich" auch die "Schwarze Sonne", unter anderem eingelassen in den Fussboden des Obergruppenführersaals der Wewelsburg, Hauptsitz der  SS-Führung.

Im Unterhemd und mit verbundener Hand wirkt er so anders, als sich die martialischen "Kameraden" sonst gern darstellen. 

Wie Michael war auch Anatolie auf dem Maiden bei den Auseinandersetzungen dabei - nicht auf der "rechten", sondern auf der "linken" Seite - was auch immer das aus der ukrainischen Perspektive bedeuten mag. Auf alle Fälle liegen die Hinter- und Beweggründe dieser Menschen 

anders, als wir sie aus mitteleuropäischer Perspektive gern sehen wollen.

 

Ohne Musik und Publikum tanzende Mädchen im Flur eines der von Flüchtlingen bewohnten Häuser, die dann auch unbedingt ein Bild mit mir habe wollten. Ein fast verlassenes Sanatorium am Rande der Stadt, die Bewohner, meist Flüchtlinge aus der Krim, sind irgendwo in der Stadt unterwegs, auf Arbeit oder die Kinder in den Ferien. Nur die kleinen Familienräume stehen offen.

 

Der Schock:  nette Menschen haben  meinen Mietwagen aufgebrochen und aus dem Kofferraum Laptop, Fotoequipment, alle persönlichen Notizen, usw. usw. usw. entwendet. Es war so ziemlich zum ersten Mal, dass ich die Fototasche im Auto gelassen habe. Und wohl auch das letzte Mal.  Öffentlicher Platz direkt vor einem Hospital-Eingang und die Polizei 100 Meter entfernt. Bittere Lehre.

 

Dennoch Fahrt durchs Land. Kiev, dann in den Osten. Dnjepropetrowsk, Zaboroshje, Kramatorsk, Sviatorhisk, Charkiv. Dann 1000 km und 16 Stunden auf der Strasse, ganz im Westen. Eine völlig andere Situation - aber auch hier viele Flüchtlinge. Hier treffen die Unterschiede in der Mentalität von Ost und West (nicht nur des Landes) voll aufeinander.

 

Im Osten: Dnjepropetrowsk - Millionenstadt, Industriestadt, Stadt mit doch erstaunlichem Wohlstand. Keine 200 Kilometer von der Front entfernt tummeln sich die Leute in lauer Abendluft am Ufer des Dnjepers, steht die grösste Synagoge der Welt und strahlt machtbewusst in die Nacht. Ebenso zeugt  der Boulevard eher von Luxus als von Krieg.

Am nächsten Tag eine andere Industriestadt, den "Ossis" unter uns noch bekannt von dem kleinen hässlichen Auto "Saporoshez": Zaporoshje, weiter im Süden. Auf einer Dnjeper-Insel die Rekonstruktion einer Kosaken-Festung als Symbol von Freiheit und Unabhängigkeit der einstigen Bewohner (interessantes Detail: die Sowjetregierung liess entlang des Dnjepers eine Vielzahl von Staudämmen errichten. Einerseits - und offiziell - natürlich zur Stromgewinnung. Inoffiziell wird die Flutung riesiger Landstriche, die als Siedlungsraum der unbotmässigen Kosaken dienten, natürlich mit deren Marginalisierung und Vertreibung in Verbindung gebracht!).

 

Küchengespräche in einer Arbeiterunterkunft, die tw. ebenfalls von Flüchtlingen bewohnt wird. Anschliessend der erste Besuch in einem der von der Deutschen Entwicklungshilfe aufgebauten sog. "Modul House Settlements", auf gut deutsch Container-Siedlung. 39 Grad, kein Lüftchen, alles wie narkotisiert. Es scheint, als wäre nur die 5jährige Katja lebendig - aber auf dem Flur drängen sich dann doch die Leute, die mit dem Fremden reden wollen.

Keiner glaubt, dass es bald zurück geht in die alte Heimat - sie sind einerseits dankbar für die Unterkunft, verstehen andererseits nicht, warum man ihn nicht lieber richtige Wohnungen zur Verfügung stellt. Die politische Logik hinter der Flüchtlingsfrage und der damit verbundenen Hilfe bleibt ihnen wie auch den vielen Freiwilligen, die sich um sie kümmern, verschlossen.

Weitere Besichtigungen und ein Interview mit der lokalen Presse. Weiter nach Kramatorsk und Sviatorsk. In der Ferne Gewitterdonner - die Menschen greifen aufgeregt zu den Telefonen und rufen ihre Verwandten oder Bekannten in den Dörfern, die direkt an der 30 km entfernt liegenden Front wohnen, an und wollen wissen, ob wieder geschossen wird. 

In Sviatorsk eine Art Arbeitsintegrations-Brigade, die je nach Wohlwollen der Organisation, die unter anderem auch Lebensmittelpackete des reichsten ukrainischen Oligarchen Achmetow (bzw. dessen Stiftung)  verteilt, zusammengestellt und eingesetzt wird.

Sanatorien, Kindergärten, Klöster (hier eine alte Frau vor der Tür der Unterkunft im Kloster Lavra in Sviatohirsk nahe Sloviansk) - wie bereits im Kaukasus gesehen, werden alle möglichen Plätze umgenutzt, um die vielen Menschen zu beherbergen.

Mitfahrer: demobilisierte Soldaten und selbsternannte Hippies - Zeitvertreib auf den endlos langen Strassen und  der meist recht eintönigen Landschaft. Unterbrüche immer wieder durch Strassensperren (die den dort stationierten Polizisten auch gern mal als zusätzliche Einnahmequelle dienen - z.B. sollte ich ohne Grund 200 Euro zahlen, damit man mich weiterfahren liess. Mit den Schweizer Franken, die ich noch bei mir hatte, konnten sie allerdings nichts anfangen und liessen mich ziehen).

Im Bahnhof Charkiv die grösste Registrierung-Einrichtung im Osten des Landes. Über hunderttausend Flüchtlinge sind bisher an diesen Tischen vorbei gezogen, haben diesen Wartesaal genutzt. Wieder die neuen Camps, wieder die alten Provisorien.

Übernachtung im zentral gelegenen Flüchtlingsheim der NGO "Stancia Charkiv" (Bahnhof Charkov). Doch auch die nächste Nähe zu diesen Menschen verdeutlicht einmal mehr die Entfernung des Beobachters!

 

1000 Km nach Westen: Lutsk und Lviv (Lemberg). Die Umgebung ist eine völlig andere - in den Unterkünften jedoch ähneln sich die Bilder und die Geschichten.

Never ending story???

 

 

 

 

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